Thats so 10 seconds ago - Geschichten erzählen mit (flüchtigen) Bildern
Wir alle tun es. Wahrscheinlich jeden Tag. Wir erzählen Geschichten, aus unserer Biografie, aus unserem Alltag, aus vergangenen Zeiten, von Dingen, die wir gesehen, gelesen, oder gehört haben. Wir brechen verworrenen Zusammenhänge auf einem einzelnen Handlungsstrang herunter, schmücken bestimmte Details aus und lassen unwichtige unter den Tisch fallen. Dass dabei durchaus auch Münchhausen-Geschichten heraus kommen ist in Ordnung, schließlich ist jede Erzählperspektive nur eine von vielen Möglichkeiten.
Die Praxis des Erzählens ist so essentiell, dass wir sie schon als Kinder erlernen. Mit vier fangen die meisten von uns damit an, Erfahrungen in Geschichten umzuwandeln. In dieser frühen Phase erschaffen Kinder narrative Produkte, die ganz auf sie selbst bezogen sind. Sie denken ihr Gegenüber nicht mit, verlieren den Faden, fragen nicht nach der Relevanz eines bestimmten Details, gehen also, was die narrativen Bausteine betrifft, streng demokratisch vor. Sie vermitteln im Prozess dieses erzählenden Denkens keine bestimmte Botschaft, sondern suchen vielmehr ihre eigene Erfahrungswelt nach außen zu tragen, Geschehnisse einzuordnen und sie dadurch auch erinnerbar zu machen.[1]Weil für Kinder die „sprachlich erzählte Welt […] ein Stück Welt im Kopf“[2]darstellt, trennen sie beim Erzählen nicht unbedingt zwischen Erfundenem und Erlebtem, sondern vermischen beides wild miteinander.
Dieses unsortierte Verbalisieren der Welt im Kopf unterscheidet sich formal von den Geschichten, die wir als Erwachsene erzählen, dienen aber ähnlichen Funktionen. Denn auch wir nutzen narrative Formen, um unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit zu kommunizieren, uns in der Welt zu verorten und vor allem auch um unser Selbstbild zu kolportieren. Wir geben Interviews, bloggen, tweeten, schreiben Autobiografien und basteln ständig an unserem CV. Im Bereich der bildgebenden Medien sind es vor allem die Fotografien, die Identität stiften und Botschaften vermitteln, ob als historisches Film-Still, öffentlichkeitswirksame Home-Story, Hochglanz-Portrait, Familien-Album, selfie, Facebook-Profilbild, instagram-post oder snap.
Seit dem Aufkommen der digitalen Techniken haben sich die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit verschoben. Wir produzieren Bilder und Inhalte nicht mehr primär für einen kleinen Personenkreis, sondern teilensie mit vielen, indem wir sie auf unsere Profilseiten hochladen, sie in privaten Messages verschicken oder auf Plattformen wie youtube einstellen. Das spezifische Bedingtheitsgefüge sogenannter sozialer Medien bringt dabei Möglichkeiten der Bedeutungsproduktion hervor, die nicht von staatlichen oder kulturellen Organen wie dem Wissenschaftsbetrieb, Zeitschriften, Magazinen etc. abhängig ist, sondern jedem erlaubt, Meinungen zu verbreiten, diese abzugleichen und die passende Zielgruppe für den Austausch zu finden. Eine Praxis, die Selbstverwirklichung oder politische Teilhabe bis zu einem gewissen Grad abseits von Kontrollinstanzen ermöglicht und durchaus auch emanzipatorische Effekte zu verzeichnen hat, wenn sie zum Beispiel marginalisierten Gruppen eine Stimme gibt und ihnen Gehör verschafft.
Aber wo Möglichkeiten entstehen, kommt es auch zu spezifischen Problemen, die sich aus den Datenbankstrukturen der web- und onlinebasierten Archive ergeben, in denen Aufmerksamkeit zur Währung geworden ist; cyberbullying und social shaming das Versprechen vom Ausleben in einem zensurfreien Raum als Chimäre entlarvt haben; und in denen unser soziales Feedback kommerziell verwertet wird, indem Daten über unsere Interessen und Bedürfnisse gesammelt und in ubiquitäre, zielgruppengerechte Warenplatzierung verwandelt werden.
Darauf wird mit hitzigen Diskussionen und vor allem der Entwicklung von Software reagiert, die eine technische Lösung für ein technisches Problem versprechen und dabei mitunter selbst als spyware fungieren[3]. Freiheitsversprechen und Kontrollphantasmen fallen hier in einer paradoxen Konstellation zusammen.
Ebenso kontrovers wie der Umgang mit privaten Daten werden die Praktiken diskutiert, die sich aus dem Einsatz mobiler Endgeräte ergeben. Die eine Seite nimmt die intime Beziehung zu unseren Smarptphones, Tablets und Laptops als Suchtgefahr wahr, schürt Ängste vor der Entfremdung von der wirklichenWelt und etabliert dabei eine Dichotomie zwischen on – und offline Identität bzw. Realität. Die andere Seite wiederum hebt ihren habituellen spielerischen Aspekt hervor, der mit Begrifflichkeiten wie fluidity,here and nowund lifenessverbunden ist und markiert die Trennung zwischen on- und offline Identität als durchlässig oder gar nicht-existent. Interessanterweise argumentieren beide Sichtweisen mit Authentizität. Die eine, weil sie die Welt offline mit Realität gleichsetzt und der virtuellenWelt den Raum für authentische Erfahrungen abspricht. Die andere, weil das switchen zwischen on- und offline nicht als Überschreiten einer Schwelle begriffen wird, sondern als Überlappung, die es uns ermöglicht, uns gemäß unseres fluiden Charakter frei auszuleben, ohne dass eine Notwendigkeit des Festlegens bestünde.
Apps und Netzwerke reagieren unterschiedlich auf diese Bedürfnisse und Ängste, generieren jeweils eigene Versprechen, die mit ihrem produktspezifischen Alleinstellungsmerkmal zusammen fallen. Im Folgenden werde ich daher danach fragen, welche visuellen Erzählstrategien bestimmte Apps und Netzwerke provozieren, wobei mich insbesondere jene der App Snapchat interessieren wird. Weiters werde ich herausstellen, inwieweit die Erzählstrategien an die Bedingtheitsgefüge des Webs bzw. der jeweiligen Anbieter und Betreibergebunden sind und versuchen, deren Bedeutungsproduktion im Diskurs um soziale Medien zu verorten.
Digitale Bedingtheitsgefüge
Ein Werbeclip von MCI von 1997 verdeutlicht eindringlich die Verheißungen, die mit den digitalen Medien verknüpft sind. Das Internet wird hier als utopischer Raum angepriesen, in dem wir „from mind to mind“[4]kommunizieren. Mit dem Eintreten in eine virtuelle Weltschien es, als könnten wir auch jene physischen Grenzen überwinden, die uns bisher in unserer Bedeutungsproduktion einschränkten: „There is no race, no age, no infirmities.“[5]Mit anderen Worten, im Netz sind wir nicht nur alle gleich, sondern können uns, unserer körperlichen Hülle temporär entledigt, auch eine neue Identität zulegen, was Peter Steiners berühmter Comic von 1993 adäquat zusammenfasst: „On the Internet, nobody knows you’re a dog.“[6]
Knapp 20 Jahre später muten diese Freiheits- und Demokratisierungsversprechen peinlich naiv an. Ob man ein Hundist oder nicht, kann in den meisten Fällen leicht nachvollzogen werden, da wir bei jeder Interaktion mit computer- und webbasierten Medien, unseren digitalen Fingerabdruck hinterlassen, wie es in Anlehnung an das ultimative Identifikationsmittel so schön heißt. Und dieser Abdruck kann eben doch zu unseren Körpern, und damit auch zu Personalien, die einer juridischen Instanz unterliegen, zurückverfolgt werden. Das betrifft den Drogen-Lieferanten, der sich im Darknet tummelt, und dessen illegales Tun aufgedeckt wird, weil man seine Spuren bis zu seinem Lieblingsbriefmarkenautomaten zurück verfolgt[7]genauso wie real-politische Reaktionen auf die Leaks vom aktuellen Whistleblower, der wiederum seinen Körper in Sicherheit bringen muss, um einem Leben im Gefängnis zu entgehen. Unser Online-Handeln hat also ganz realeFolgen.
In anderen Fällen sind es keine bewussten Taten, die Konsequenzen nach sich ziehen, sondern der Kontrollverlust über eigene Inhalte: Jessica Logan musste hilflos zusehen, wie Nacktfotos, die für ihren Freund bestimmt waren, zu zirkulieren begannen und schließlich den Weg bis ins Wohnzimmer ihrer Eltern fanden. Amanda Todd konnte ihrem online-Stalker, der erst explizite Bilder von ihr erpresst und dann in Umlauf gebracht hatte, auch offline nicht entkommen, weil er sie bis zu ihrem neuen Wohnort verfolgte. Beide Betroffenen reagierten auf die für sie unerträgliche Situation mit einer denkbar radikalen Geste und nahmen sich das Leben. Diese Fälle machen deutlich, dass das Organ der sozialen Kontrolle im vermeintlich zensurfreien Raum der social media immer gleich mitgeliefert wird.
Hier wird durch Bilder Macht ausgeübt, indem Fotos, die für den privaten Gebrauch gedacht waren, öffentlich gemacht werden. Diese Form der Zweckentfremdung war noch nie so einfach und ergibt sich aus dem Umstand, dass „die vormals diskreten Elemente der Fotografie sich mit der digitalen Computersuppe aus Buchstaben, Zahlen, Bewegungsgrafik und Sounddateien”[8]verbinden. Damit unterliegen Fotografien allen Möglichkeiten der Umgebung in denen sie erscheinen als„fugitive and transient, they come and go, they may endure for short periods of time and in different places, maybe many places simultaneously. Characteristically they exist in multiples; as strings, threads, sets, grits.“[9]Sie können also jederzeit kopiert, heruntergeladen und in neue Kontexte eingebunden werden, was eine Kontrolle ihrer Zirkulation so gut wie unmöglich macht.
Ein weiteres Problem, dass die Bedingtheitsgefüge digitaler Fotografien betrifft,ergibt sich aus der Organisationsstruktur digitaler Medien die Lev Manovich bereits 2001 als Datenbank beschrieben. Sie ist dabei weniger eine ordnende, als eine akkumulierende Struktur: „collections of individual items, with every item possessing the same significance as any other.“[10]Um diese nicht hierarchisch angeordnete Sammlung navigierbar zu machen, müssen ihre Objekte indiziert werden. Die Indizes, also maschinenlesbaren Metadaten sind die Grundlage für Suchfunktionen und Kategoriesysteme, die Inhalte ihren semantischen oder zeitlichen Zuschreibungen entsprechend anordnen und den Usern per Interface Möglichkeiten des Zugriffs geben bzw. vorgeben. Neben der computererstellten Metadatierung, indizieren User ihre Inhalte selbst, um ein ganz bestimmtes Ziel zu erreichen: die Suchmaschinenoptimierung oder schnelle Auffindbarkeit. Denn sichtbar wird nur, was über sprachliche Beschlagwortung auch auffindbar ist.
Dieser Modus des „self-conscious“ und „reflexive“[11]taggings ist insofern problematisch, weil er eine bestimmte Weise der Bildproduktion hervorruft, die Unterschiede einebnet und Normierungstendenzen begünstigt und zusammen mit der Logik des Updates einen Imperativ generiert, ständig neue Bilder hochzuladen.
Wie Susanne Holschbach herausgestellt hat, hat die Plattform Flickr beispielsweise als angestrebtes Ziel die sogenannte „Interestingness“[12]etabliert (Vgl. Holschbach ). Wenn ein Bild als besonders interessant bewertet wird, gelangt es in der hauseigenen Hierarchie nach oben - und im besten Fall auf die Seite Explore, die so etwas wie das best of Flickrenthält. Der User Kevin Dooley fasst die Optimierungslogik folgendermaßen zusammen:
„Why does interestingness matter? If you get happier the more people that see and appreciate your work, then you care about interestingness. Beyond your contact network, the vast majority of Flickr views come from search engines. Flickr has a zillion photos, so if you're photo isn't Flickr-interesting, people will never see it come up in the search engines.“[13]
Die bewusst vage gehaltene Definition von Interestingness[14]soll die User von Flickr bei der Stange halten und führt letztlich dazu, dass sie ihre Bilder an eine spezifische Ästhetik anpassen, die starke Kontraste, übersatte Farben und - in vielen Fällen - eine starke Nachbearbeitung präferiert.
Die Tatsache, dass sich Fotografien von sogenannten AmateurfotografInnen oft sehr ähnlich sehen wirft Fragen zur Subjektivität des fotografischen Blicks auf, die spätestens seit den 70er Jahren diskutiert werden. In die Illegitime Kunstdekonstruiert Pierre Bourdieu die Idee von Fotografie als natürliche Spracheund beschreibt sie als „konventionelles System“[15],das ganz bestimmten Regeln folgt und identifiziert die fotografischen Produkte der AmateurfotografInnen als weniger individuell denn klassenspezifisch:
„Der Konventionalismus der Pose vor der Kamera verweist auf den Stil der Kommunikation, den eine ebenso hierarchische wie statische Gesellschaft bevorzugt, [...] in der die sozialen Regelndes Verhaltens und der Moralkodex stärker betont werden als die Gefühle, Wünsche oder Gedanken der Subjekte“[16].
In eine ähnliche Richtung geht Vilem Flusser in dem er das Programm der Kamera als generell begrenzt beschreibt:
„The camera is programmed to produce photographs, and every photograph is a realization of one of the possibilities contained within the program of the camera. The number of such possibilities is large, but it is nevertheless finite: It is the sum of all those photographs that can be taken by a camera.“[17]
Bei dem Versuch authentische oder individuelle Bilder zu generieren, entsteht dabei immer ein Konflikt zwischen menschlicher Intuition und sozio-technischen Vorgaben, der sich insbesondere in Bezug auf die Bedingtheitsgefüge digitaler Bildproduktion als relevant erweist, die unseren Handlungsspielraum denkbar einschränken während sie das Gegenteil, nämlich die Möglichkeit freier Nutzung, suggerieren. Denn im Gegensatz zu der von Manovich entwickelten Figur, des virtuellen flâneurs, die
„can slide over endless fields of data, locating any morsel of information with the clicks of a button, zooming through file systems and netWorks. She is comforted not by an equilibrium of shapes and colors, but by the variety af data manipulation operations at her control.“[18]
sitzen wir bei unseren Ausflügen ins Internet nicht am längeren Hebel. Weil sich die digitalen Funktionen unserer Sichtbarkeit und Nachvollziehbarkeit entziehen, sind wir immer abhängig von diversen Voreinstellungen und vermittelnden Instanzen, auf die wir uns – so gut wie blind – einlassen müssen. Wir wissen also nicht, was genau sich hinter den Interfaces abspielt, was die Art und Weise wie wir – von Laie zu Laie – einen digitalen Prozess beschreiben, verdeutlicht: „[…] so scheint es“, laut Wolfgang Hagen,
„im Digitalen schon die Sprache selbst zu sein, die zur Beschreibung der gegebenen Sachverhalte völlig anders läuft. Entweder uns fällt gar nichts ein (weil wir nichts wissen), oder wir verweisen auf irgendwelche Buttons und Icons, die bei dem einen Gerät so aussehen, bei dem anderen irgendwie anders, aber doch ähnlich.“[19]
Dieses Verlassen auf Interfaces als Schnittstelle in der Mensch-Maschine-Kommunikation, ist dabei nicht etwa ein zufälliges Produkt der technischen Innovationen, sondern wurde von ihren Entwicklern klar angestrebt, wie Sherry Turkle beschreibt:
“With the Macintosh, personal computers began to present themselves as opposed and even hostile to the traditional modernist expectation that one could take a technology, open the hood, and see inside. The distinctiveness of the Macintosh was precisely that it did not encourage such fantasies; it made the computer screen a world unto itself.”[20]
Dieses systematische In-den-Hintergrund-Drängender digitalen Funktionen begünstigt eine weitere problematische Praxis, denn die Daten, die wir hinterlassen, indem wir unsere Browser nutzen, Inhalte hochladen oder Einkäufe tätigen, sind zu einem wichtigen Rohmaterial für kommerzielle Zwecke geworden: „Forms of social media that once seemed best described in terms of their folksy grass roots and bottom-up organisation are now also recognised as ways of ‘monetizing’ the labour of amateurs and selling it back to them.“[21]Sie werden unermüdlichin statistische Verwertungsmaschinen eingespeist, die uns schließlich die richtigen Konsumgüter am richtigen Ort anbieten, um damit ganz nebenbei eine Nachfrage zu bedienen, derer wir uns selbst noch gar nicht bewusst waren[22].
Bei jeder Interaktion mit web- und computerbasierten Medien müssen wir uns also auf ein Bedingtheitsgefüge einlassen, das soziale Kontrollorgane etabliert, Normierungstendenzen begünstigt und private Daten zu Geld macht, indem es seine Funktionen und statistischen Prozesse verschleiert.
Online-gehen vs. Online-sein
Das Spannungsverhältnis zwischen menschlicher Intention und sozio-technischen Vorgabenist insbesondere relevant geworden, seit wir uns so sehr an unsere digitalen Endgeräte gewöhnt haben, dass wir kaum noch über ihre Funktionsweisen nachdenken: „Rather than dramatic novelties, so called ‚new’ or ‚digital’ media technologies are now the stuff of habit, routine, everyday life and work.“[23]Die daraus resultierenden Praktiken haben wiederum einen eigenen Diskurs hervorgebracht, der zwischen der Verteufelung mobiler Endgeräte und dem Vernetzt-Sein als einzig mögliche Lebensart changiert, Fragen nach der Trennung von on- und offline Identität adressiert und dabei unterschiedliche Konzepte von Authentizität und Zeitlichkeit entwirft.
Die Initiative Look updes britischen Kurzfilmemachers Gary Turk fasst den problemorientierten Ansatz zusammen. Das Video mit der Ästhetik und Rhetorik eines christlichen Erweckungsfilms zeichnet das Bild einer glücklichen analogen Welt, in der wir mit unserem Gegenüber kommunizieren, anstatt auf unser Smartphone zu starren, und identifiziert soziale Medien als asozial, weil sie eine Illusion von Verbundenheit erwecken, die aber nicht eingehalten werden kann: „I looked around, and then realised that this media we call social, is anything but. When we open our computers, and it’s our doors we shut.“[24]Jene, denen das Hochguckenvom Gerät nicht gelingt, erscheinen hier als „slaves to the technology“[25]. Ein Umstand, der sie letztlich so sehr von der wirklichen Welt entfremdet, dass sie nicht mehr in der Lage sind, wirklich Erfahrungen zu machen und ihnen einen düstere, einsame Zukunft beschert.Diese pathologisierende Form der Medienanalyse ist extrem problematisch, berührt aber Debatten, die in moderaterer Form ähnliche Probleme identifizieren. Jene der Überforderung durch Inhalte, der geteilten Aufmerksamkeit und dadurch verkürzten Aufmerksamkeitsspanne, dem zwanghaften Festhalten von Situationen und der ständigen Angst etwas zu verpassen. Um dem beizukommen, wird ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Medien eingefordert. Statt unsere digitalen Geräte immer und ständig zu nutzen, sollten wir uns demnach zumindest einen Teil des Tages bewusst offline verbringen, also abschalten und lernen, uns dem Suchtpotenzial digitaler Medien zu entziehen. Die technische Lösung für das technisch induzierte Problem versprechen eigens entwickelte Apps wie Self-Control[26], welche die Internetverbindung unserer Endgeräte für einen bestimmten Zeitraum unterbrechen und dem suchtgefährdeten Menschen so den Umgang mit seiner Technik erleichtern sollen. Andere Apps wie RescueTime[27]zielen darauf ab, ihren Nutzern zu helfen, sich über das eigene Verhalten bewusst zu werden und ihnen dadurch die Kontrolle wieder zu geben, die sie vorher scheinbar an das Gerät verloren hatten. Die Apps dokumentieren, wie viel Zeit ihre Nutzer mit welcher Tätigkeit, Website oder App verbringen, um auf der Basis dieser empirischen Daten ihr Verhalten anzupassen.
Diese Sichtweise besteht auf der klaren Trennbarkeit zwischen realer bzw. virtueller Welt und markiert sie als statische Entitäten. Die Zeit, die online verbracht wird, wird als Verlust gewertet, weil man, die Aufmerksamkeit zerstreut, sich nicht im Hier und Jetzt befindet, sondern mit den Gedanken immer schon bei nächsten Sache ist und darüber die wirklich wichtigen Dinge vergisst.
Demgegenüber steht das Lager, das gerade die Untrennbarkeit der Welten und der Wahrnehmung von und in ihnen betont. Man geht nicht online oder offline, man ist es einfach, alles was in besagten Hier und Jetztpassiert, kann auch mit einer gerade nicht physisch anwesenden Partei geteilt bzw. an diese kommuniziert werden. Dabei fallen nicht nur on- und offline Identität zusammen, sondern auch zeitliche Dimensionen: „The present tense now governs storytelling on the phones. Narratives no longer inform others about what one did during the day but let them participate in what is going on while it is happening.“[28]
Die geteilte Aufmerksamkeit erscheint hier nicht als Manko, sondern als etwas, das sich organisch ergibt und über das nicht weiter nachgedacht werden muss. Das Zusammenwachsen mit dem mobilen Endgerät wird positiv umgedeutet. Intuitiv erschließbare Interfaces und diskret mit seinen Nutzerinnen kommunizierende Geräte unterstreichen diese Geste. Ein Beispiel hierfür ist der Taptic Engineder Apple watch, der taktile Signale nutzt, um eine Kommunikation zu ermöglichen, die Tätigkeiten und Situationen nicht mehr unterbricht, wie die Audio-Signale des Smartphones beispielweise. Die Uhr gewährleistet durch körperliche Konditionierung, dass die von ihr gesendeten Signale zwar beim Adressaten ankommen, aber im Hintergrund bleiben und für andere nicht wahrnehmbar sind. Laut Sascha Lobo ist der Taptic Engine„Das intimste digitale Interface, was es im Moment gibt“[29]und reduziert die als zu intensiv wahrgenommene Interaktion mit dem Smartphone, weil es als „Vorfilter“[30]von Informationen fungiert. Software wie diese adressiert das Problem der Überforderung und trägt gleichzeitig dem Bedürfnis danach Rechnung, nichts zu verpassen. User können ständig informiert sein und reagieren, ohne sich bedrängt zu fühlen. Damit folgen sie in der Praxis ebenfalls der Logik des Updates, was sie aber nicht als Imperativ oder Alltagsunterbrechung erleben, sondern als Teil ihres im-Hier-und-Jetzt-Seins.
Fotografische Narrativen
Fotografie ist seit ihrer Erfindung ein Medium der Identitätsstiftung. Die frühen Pioniere fotografierten ihre direkte Umwelt[31]und stellten damit ihren Blick auf die Dinge mit aus. Mit dem Handlicher Werden der Technik entwickelte sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts[32]eine fotografische Praxis, die spielerisch mit der Kamera umging und begann, ihre Lebenswirklichkeit abzubilden, ohne vorrangig ästhetische Ambitionen zu verfolgen. Mit dem vielzitierten Kodak-Moment, also dem Versprechen des You push the Button, we do the rest[33], wurde der technische Aufwand auf ein Minimum reduziert und das Fotografieren für jedermann erschwinglich und handhabbar.
Die beliebteste Form der Aufbewahrung für die selbst erstellten Schnappschüsse, war, bis zum Aufkommen der digitalen Technik, das sogenannte Foto-Album. In ihm wurden Bilder chronologisch angeordnet und folgten dem narrativen Schema, das ich bereits skizziert habe: sie haben einen Anfang und ein Ende und heben Details hervor, während andere unterrepräsentiert bleiben oder ganz unter den Tisch fallen. Die eingeklebten Fotografien zeigen die Highlights, besondere Momente wie gesellige Geburtstagsrunden, Silvesterpartys und von Sonne und Landschaft dominierte Urlaubsimpressionen. Das Album konserviert dabei nicht nur Erinnerungen, sondern ist vor allem auch ein Modus der Selbstversicherung. In den Aufnahmen der Knipser[34]wird ihr Blick zurück geworfen, und zeigt ihnen die Welt, wie sie sie wahrgenommen haben, im Moment des Auslösens. In diesem performativen Akt werden subjektive Realitäten geschaffen, indem das Bild von der Welt mit der Vorstellung derselben zur Deckungsgleichheit gebracht wird. Wenn Knipser anderen ihre Sammlung zeigen, transportieren sie Selbst- und Weltbild, während ihr Gegenüber sich wiederum in Bezug dazu setzt, eigene Vorstellungen abgleicht, sich vielleicht wiedererkennt oder eigenen Erinnerungen nachgeht. Ganze Lebensläufe subsumieren sich so in den sorgfältig kuratierten, chronologisch angeordneten Bilderserien. Das Nicht-Alltägliche, fungiert dabei als Ordnungsgeber des Alltäglichen, „weil [Fotografien] Abwechslungen darstellen, den Alltag durchbrechen, ihn strukturieren und dem Rückblick Anhaltspunkte zur Orientierung geben.“[35]
Der Blick des Hobbyfotografen verliert seinen ursprünglichem Adressaten allerdings, sobald die Bilder „become seperated from their original classification“[36]und beginnen, ein Eigenleben zu führen, zum Beispiel auf Flohmärkten, wenn sie aus lange nicht angesehenen Büchern unversehens heraus fallen oder sogar - in Form von Ausstellungen[37]- neu kontextualisiert werden.[38]
Seit dem Aufkommen der digitalen Technik haben sich Bildproduktion und -distribution verändert. Wir produzieren deutlich mehr Bilder und machen sie einem größeren Personenkreis zugänglich, indem wir sie ins Internet einspeisen, aber natürlich nicht unsortiert: dem Bedürfnis Fotos zu sammeln, sie auf eine bestimmte Weise anzuordnen und damit ein Bild von sich selbst und der Welt weiter zu transportieren, tragen profilbasierte soziale Netzwerke wie Facebook Rechnung.
Die auf Facebook hochgeladenen Inhalte sind auf den Profilseiten chronologisch angeordnet, Bilder werden in Fotoalben sortiert, und die Timeline neben dem Profilbild erinnert an die eigene Lebensspanne im netzwerkeigenen Reich. Einmal hochgeladene Bilder können hier jederzeit wieder betrachtet werden, indem auf ältere uploads zugegriffen wird. Mit bestimmten Suchfunktionen kann man zu - als solchen festgelegten - life eventszurück kehren und seit Neustem auch zu jedem beliebigen Tag im eigenen Leben. Außerdem nimmt Facebook seine User ganz bewusst mit auf die Nostalgietour, in dem sie mit der memory-Funktion an vergangene Events im letzten Jahr erinnert werden. Hier wird also ganz deutlich eine Sammlung geschaffen, die in Summe bestimmte Bedeutungen über den Nutzer hinter dem Profil vermittelt und ihn in seiner Gesamtheit abbilden soll. Darüber hinaus werden Bilder mit sprachlichen Inhalten erweitert, kontextualisiert und über tagging anderen Nutzern zugeordnet, was auch mit sich führt, dass der eigene Profilname in Zusammenhängen auftauchen kann, die einem unangenehm sein können.
Mittlerweile sind sich die User von Facebook darüber bewusst sind, dass ihre einmal hochgeladenen Inhalte auf den Servern der Anbieter verbleiben und jederzeit von anderen Nutzern oder gewinnorientierten rmen zweckentfremdet werden können. Datenmissbrauch als Gefahr wird daher auch von Facebook selbst immer wieder thematisiert[39]. Das Netzwerk reagiert auf das gestiegene Sicherheitsbedürfnis mit der regelmäßigen Aktualisierung seiner Sicherheitseinstellungen und Privatisierungsmaßnahmen, also der Möglichkeit immer stärker auszudifferenzieren, welche Inhalte für wen sichtbar werden. Diese Maßnahmen ändern aber letztlich nichts daran, dass die Inhalte und Bilder dauerhaft gespeichert werden und trotz allem immer wieder unvermutet auftauchen, was privaten als auch öffentlichen Personen gleichermaßen auf die Füße fallen kann[40].
Eine App, die sich stärker auf Bilder konzentriert und seit ihrem Launch 2010 einen Siegeszug angetreten hat, ist bekanntermaßen Instagram. Die hier hochgeladenen Bilder sind zwar ebenfalls an ein verortbares Profil[41]geknüpft, aber häufig bestimmten Themen gewidmet, wie food photography, stunt-selfies, Extremsport etc.
Die User nehmen sich Zeit, ihre Fotos zu erstellen und zu bearbeiten und setzen auf das besondere Bild, statt auf Masse. Die Reduktion auf ganz bestimmte Inhalte wird dabei als Erleichterung wahrgenommen, weil man schneller findet, was man wirklich sehen möchte, anstatt wie auf Facebook unter Umständen erst durch eine Reihe Buzzfeed-Artikel durchscrollen zu müssen. Auch können Bewegungen von Usern wie likesund Kommentare nicht so schnell nachverfolgt werden wie auf Facebook, was als Befreiung von sozialer Kontrolle erlebt wird. Dies beschreibt ein 19 jähriger anonymer User folgendermaßen: „I'm not terrified whenever I like something on Instagram that it will show up in someone’s Newsfeed and they'll either screenshot that I liked it or reference it later. […].“[42] Dasselbe gilt für das getagged-werden in Bildern: „I don't have to constantly check Instagram to make sure I wasn't tagged in any awkward or bad photos. That’s because you can't easily see them in your feed, making the whole experience seem way more private.“[43]Interaktionen finden über Kommentare und likesstatt, die eher für die einzelnen User gedacht sind, anstatt für die Gesamtheit des Netzwerks, was das Gefühl von Privatheit und weniger sozialer Kontrolle vermittelt. Für beide, Facebook und Instagram, gilt, dass ihre User bei der Bilderstellung auf eine möglichst große Reichweite und viel Aufmerksamkeit abzielen.
Die App Snapchat ist hingegen dabei, eine andere Form der Selbstrepräsentation und Kommunikation zu etablieren. Die mit dieser App versendeten Bilder sind nur 10 Sekunden sichtbar und können vom User nicht gespeichert werden (außer über einen Screenshot)[44]. Der Gestus des Flüchtigen, Uneinholbaren richtet sich dabei explizit gegen Versuche eine stilisierte und ästhetisierte Online-Version von sich selbst zu entwerfen, welche die Snapchat-Betreiber in den Praktiken profilgebundender sozialer Netzwerke markiert sehen. Den artifiziellen Online-Identitäten, instagram-y looks, und angepassten Bildästhetiken stellt Snapchat das Versprechen von authentischen Bildern gegenüber.
Snapchat war die am stärksten wachsende App 2014 und hat in bestimmten Altersgruppen Facebook und Instagram überholt[45]. Insbesondere Jugendliche zwischen 13 und 18 benutzen die App um zu chatten, Bildmaterial zu verschicken und von Snapchat selbst erstellte Inhalte zu konsumieren.
Bilder, die mit Snapchat aufgenommen und verschickt werden, sind für den Empfänger nur 10 Sekunden sichtbar und zerstören sich danach selbst, wobei Snapchat nicht müde wird zu versichern, dass die Inhalte im Anschluss auch sofort von den firmeneigenen Servern verschwinden.Snapchat erscheint dabei als rundes Paket, dessen Firmenphilosophie mit seinen Nutzungsbedingungen übereinstimmt. Darüber hinaus verorten die Betreiber diese Philosophie in einem größeren Kontext und nutzen dieEigenschaften der profilbasierten sozialen Netzwerkeals Blaupause um Kritik zu formulieren und sich von anderen Netzwerken abzugrenzen und das eigene Alleinstellungsmerkmal zu schärfen. Das Organ von Snapchat ist der hauseigenen Blog, auf dem die Betreiber Neuigkeiten verkünden, Beiträge zu rechtlichen Fragen posten, sich entschuldigen, wenn der Server überlastet war, und den sie auch nutzen, um einen Gestus der Reflexivität und Transparenz zu etablieren, was, wie ich in Bezug auf Facebook bereits bemerkt habe, eine gewisse Tradition hat, aber von Snapchat noch deutlich ausgebaut wird.Überlegungen zu Flüchtigkeit vs. Profilgebundenheit werden ebenso angestellt wie zu Authentizität vs. stilisierter Selbstpräsentation, Habitual Media und der Trennung von Online und Offline Identität, sowie Datenschutz vs. Datenspeicherung.
Die App-Betreiber knüpfen damit an Diskurse an, die älter sind als Snapchat, und aus einer Zeit stammen, in der man es sich noch leisten konnte, dem Internet die Kraft zuzusprechen Unterschiede aufzuheben (siehe auch Teil zu Digitale Bedingtheitsgefüge) und Kategorien zu unterlaufen:
„The Web arrived pregnant with the possibility of rethinking who we are by transcending geographic location, physical ability, as well as things like race, gender, age, even species [though, this detachment was always only a fantasy].“[46]
Heute allerdings wird "spontaneous anonymity […] replaced by consistent identity.“[47]Laut Snapchat manifestiert sich diese einheitliche Identität in den Profilen von sozialen Netzwerken und Apps bzw. in deren „permanent content“[48]. Diesem setzt Snapchat ein Konzept gegenüber, das an gesamtgesellschaftliche Diskurse zu flexiblen Identitäten anschließt, die häufig über die Ebene der sexuellen Zugehörigkeit diskutiert werden[49]„something more fluid, changing, and alive“ und formulieren eine Philosophie „that does capture the real messiness and fluidity of the self“.[50]
Diereal messinessverweist dabei direkt auf den spezifischen Authentizitätsgestus, der Vermittlung ohne Vermitteltheit meint, also unverstellte und ungekünstelte Bilder, die keine Agenda haben und die Dinge so zeigen wie sie sind. In Bezug auf die Fotografie referiert die Denkfigur auf die automatische Einschreibung von Licht in Material, die unter dem Label der Indexikalität diskutiert wird und sich bis zum von Fox Talbot geprägten Begriff des pencil of naturezurückverfolgen lässt. Dieser Modus der Bildproduktion hat sich seit dem Aufkommen der digitalen Technik verändert und die vormals direkt ins fotosensible Material eingeschriebenen Bildpunkte durch wandelbare Pixel ersetzt, was Fotografien in instabile Objekte verwandelt. Trotz ihres veränderten Aggregatszustands(also ihrer Unabgeschlossenheit und ihrer Wandelbarkeit) wird ihnen aber weiterhin ein bestimmter Wirklichkeitsbezug zugesprochen. Der Moment der fotografischen Zeugenschaft wird in sozialen Netzwerken dabei zwar gerne auf ein ich-war-hier, oder so-hat-das-ausgesehenreduziert, ihrer angenommenen Authentizität tut dies aber häufig keinen Abbruch. Zusätzlich zu diesem urfotografischen Versprechen von Unverstelltheit geben mobile Endgeräte die Möglichkeit das gerade Erlebte in visuell abrufbare Momente zu transformieren und zeitnah zu verteilen. Das „Fünkchen Hier und Jetzt, […] mit dem die Wirklichkeit den Bildcharakter gleichsam durchsengt hat“[51], das Walter Benjamin als charakteristisch für die Fotografie beschrieben hat, erfährt dabei ein machtvolles Revival. Sein authentisches Potenzial wird dabei auf ein state of being, ein Im-Hier-Und-Jetzt-Seinerweitert, das es erlaubt, sich zu jeder Zeit so zu geben, wie man wirklich ist: „Identity is what you are in the here and now“[52]. Anstatt sich in vorauseilendem Gehorsam der sozialen Kontrolle der social networks zu unterwerfen:
„Every time we express ourselves, we do so with the understanding that things we say might become permanently and publicly known. We are encouraged to express ourselves in ways that are accepted by the largest possible audience. We lose our individuality in favor of popular acceptance.“[53]
Auf Snapchat laufen Nutzer, so das Versprechen, gerade nicht Gefahr ihre Identität zugunsten sozialer Akzeptanz zu verlieren, sondern sich abseits von den Bewertungen anderer frei auszuleben:
„SnapChat discards content to focus on the feeling that content brings to you, not the way that content looks. […] It’s not all about fancy vacations, sushi dinners, or beautiful sunsets. Sometimes it’s an insidejoke, a silly face, or greetings from a pet fish.“[54]
Die Authentizitätsgeste wird hier ins Verhältnis gesetzt, zu Bildern, die auf eine bestimmte Logik hin optimiert werden, um einer Norm zu entsprechen, die sich aus dem Geschmack des Durchnittsusers generiert (wie bereits in Bezug auf Flickr beschrieben). Das Anpassen von Inhalten an die Erwartungen einer großen Gruppe ist natürlich nur relevant, wenn die Fotografien auch für einen längeren Zeitraum aufrufbar sind, was bei Snapchat ja gerade nicht der Fall ist. Die Voreinstellungen der App scheinen also bestimmte Probleme bereits an der Wurzel zu lösen: wo nichts gespeichert werden kann, kann auch nichts in Netzwerke eingespeist werden, die soziale Kontrolle ausüben. Der bewusste Verzicht auf jedwede Archivierung berührt dabei auch sensible Fragen nach dem Schutz von Privatheit, welche Snapchat adressieren, in dem sie das Konzept als kontextbezogen identifizieren:
„Unfortunately, privacy is too often articulated as secrecy, when privacy is actually focused on an understanding of context. Not what is said – but where it is said and to whom. Privacy allows us to enjoy and learn from the intimacy that is created when we share different things with different people in different contexts.“[55]
Mit anderen Worten: Snapchat stellt Intimität her, indem die User der App keine amorphe Usergruppe adressiert, sondern explizit Einzelpersonen. Der private Raum, der so geschaffen wird, erlaubt es den Usern, sich in einer Form zu artikulieren, die nicht von Ängsten vor sozialer Kontrolle getrieben wird: „humanity cannot be true or false. We are full of contradictions and we change. That is the joy of human life. We are not brands; it is simply not in our nature.“[56]Identitätsstiftung erfolgt über das Versprechen, authentischim Hier und Jetztsein zu können:
„If I don’t get any likes on my Instagram photo or Facebook post within 15 minutes you can sure bet I'll delete it. Snapchat isn't like that at all and really focuses on creating the Story of a day in your life, not some filtered/ altered/ handpicked highlight. It’s the real you.“[57]
Interessanterweise haben Snapchat aber nicht nur die Nische der unverstellten Fotoproduktion und -distribution für sich etabliert, sondern setzen neben ihren nicht-unzensierten Bildern auf eigens entwickelte und streng kuratierte Formate. Die Live Story-Funktion nutzt kurze Videoaufnahmen von Nutzern um themenspezifische Geschichtenzu erzählen, von Konzerten beispielsweise oder einem Tag in einer bestimmten Stadt. Diese Filme werden von Snapchat-eigenem Personal zusammengeschnitten und haben ebenfalls eine beschränkte Lebensdauer:
„Clips like these are added throughout the day and only last 24 hours, keeping users—and advertisers—constantly coming back for more. Most Live Stories now garner between 10 million and 20 million viewers each day.“[58]
Ebenso aufwändig ist die neueste Erfindung der App, Discover, ein Feature, das es anderen Anbietern erlaubt, ihre Inhalte in Form von „videos, articles, quizzes, photo displays, and animations“[59]an die Snapchat-User zu bringen. Auch diese Inhalte werden jeweils nach 24 Stunden durch neue ersetzt, während die alten für immer verschwinden.
Mit diesem Modus der Kurzlebigkeit von bestimmten Inhalten auf der einen Seite und der gleichzeitigen Reduktion bzw. Kuratierung auf der anderen, reagiert Snapchat auf zwei wichtige Bedürfnisse der User von sozialen Netzwerken: Jenem nach weniger Überforderung durch eine unsortierte, marketingorientierte Masse von Inhalten und jenem nach einer authentischen Ausdrucksform, frei von sozialem Druck und dem Imperativ bestimmtes Material zu produzieren.
Allerdings ist das Authentizitätsversprechen von Snapchat dabei natürlich auch das Produkt rigider Voreinstellungen. Denn während andere Apps dazu tendieren, ihren Nutzern mehr Optionen zu geben, schränkt Snapchat diese ein, da Bilder beispielsweise nur auf eine ganz bestimmte Art und Weise bearbeitet werden dürfen, wie durch Textbanner und der Möglichkeit mit grellen Farben über die Bilder zu malen. Diese Veränderungen sind eindeutig als externe Zugabe zu erkennen und führen zu einer spezifischen Ästhetik.
Die sich selbst zerstörenden Bilder, welche einen Gestus des Flüchtigen etablieren, folgen dabei ganz besonders stark der Logik des Updates. Durch die ständige Bedrohung des Verpassens von Inhalten rufen sie letztlich vor allem ein permanentes Benutzen der App hervor: “If your email inbox was going to disappear in 24 hours," says Danielle Mullin, VP of marketing for ABC Family[…] "you would feel the need to actually read every single email. That’s the genius of Snapchat."[60]
Schlusswort:Auch heute erzählen wir unsere Geschichten über Bilder. Während sich die Praktiken der Produktion, Sichtbar- und Verfügbarmachung von Fotografien, sowie die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit verändert haben, sind die Beweggründe für unsere fotografischen Praktiken ähnlich geblieben. Wir vermitteln ein Bild von uns selbst und der Welt, wie wir sie wahrnehmen, nutzen Fotografien um uns zu erinnern und Erlebnisse für andere zu dokumentieren. Allerdings lässt sich eine Verschiebung von einer Geste des Rückblicks (gegeben im Fotoalbum oder memory-Funktion bei Facebook) auf eine Bildgattung beobachten, die sich vor allem durch ihre chronische Gegenwartsbezogenheit auszeichnet (wie im Falle von Snapchat).
Die Plattformen, Netzwerke und Apps, die wir für unsere erzählende Praxis nutzen, bringen eigene Möglichkeiten mit sich genauso wie sie Grenzen setzen. Als Teil webbasierter Medien unterliegen sie Regeln, die sich aus dem digitalen Bedingtheitsgefüge selbst ergeben und generierenwidersprüchliche Bedürfnisse, die sich in dem Festhalten an einem Freiheitsversprechen und dem simultanen Verlangen nach mehr Kontrolle manifestieren sowie in dem Wunsch nach Authentizität und dem Lamento über unzureichende Kuratierung der Masse an Inhalten. Auf diese komplexe Situation reagieren die Apps und Netzwerke auf verschiedene Weisen und versuchen ihre Funktionen an die Bedürfnisse anzupassen. Ihre hauseigene Narrative ist dabei letztlich immer auch die einer erfolgreichen Rückkopplung von social feedback: Indem sie bestimmte Probleme adressieren, die mit dem Benutzen von Social Media einhergehen, binden sie User an sich und schärfen ihr Alleinstellungsmerkmal. Dass dabei Details hervorgehoben oder ausgelassen werden, liegt in der Natur des Geschichten-Erzählens und wird erst dann problematisch, wenn wir die Bedingtheitsgefüge unserer sozialen Netzwerke und Applikationen als gegeben hinnehmen.
Das Problem, das hier in Bezug auf digitale visuelle Narrativen markiert werden muss, ist also nicht grundsätzlich die Tatsache, dass wir Apps und Ordnungsstrukturen nutzen, sondern, dass wir dies unreflektiert tun.Ein Umstand der sich aus fehlendem Wissen über die Prozesse im Hintergrund ergibt, sowie dem Versprechen digitaler Medien, widersprüchlicher Bedürfnisse von Freiheit und Kontrolle gleichermaßen gerecht werden zu können, was sich bei genauerem Hinsehen allerdings als Chimäre entpuppt. Das heißt, nicht die Datenlecks oder das Kapern von Inhalten an sich sind prekär, sondern die Kopplung eines Glaubens an die Möglichkeit von Datenschutz und freier Internet-Nutzung an aggressive Praktiken kommerzieller und politischer Datennutzungen durch Unternehmen, sowie soziale Kontrollorgane, die das Verhalten anderer offen bewerten und eine Narrative der Selbstverschuldung etablieren, die gemäß vorherrschender gesellschaftlicher Vorstellungen auch im echtenLeben zu einer Abwertung führt.
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[1]Vgl. Schäfer: „Was nicht auf diese oder ähnliche Weise in das Bewusstsein trat und ins Gespräch mit anderen eingefügt wurde, kann später nicht oder nur schwer bewusst erinnert werden.“Schäfer 2008, 92
[2]Schäfer 2008, 92
[3]Unter spywareversteht man ein m Allgemeineigens für den Zweck programmierte Software, Daten von Usern zu sammeln, ohne dass diese es bemerken (wie sogenannte Trojaner, adware oder cookies).
Im Kontext des Artikels könnte man allerdings auch Organisationsportale wie iTunesoder Anbieter wie Netflixals spywareverstehen, da diese ebenfalls (im Hintergrund und weitgehend unbemerkt) permanent Userdaten sammeln und für ihre Zwecke nutzen (beispielsweise um Werbeschaltungen zu optimieren). Vgl. Chun 2006, 65.
[4]MCI 1997
[5]Ebd.
[6]Vgl. Figur 1
[7]Vgl. Der Spiegel 2015
[8]Lunenfeld 2010, 351
[9]Lister 2013, 8
[10]Manovich 2001, 218
[11]Hand 2012, 151
[12]Flickr 2015
[13]Dooley 2005
[14]Auf der Seite About Uswird Interestingness folgendermaßen definiert:„There are lots of elements that make something 'interesting' (or not) on Flickr. Where the clickthroughs are coming from; who comments on it and when; who marks it as a favorite; its tags and many more things which are constantly changing. Interestingness changes over time, as more and more fantastic content and stories are added to Flickr.“ https://www.flickr.com/explore/interesting/
[15]Bourdieu 1983, 85
[16]Pierre Bourdieu zitiert in: Hagen 2012
[17]Flusser 2014, 24
[18]Manovich 2001, 248
[19]Hagen 2012: 11
[20]Sherry Turkle zitiert in: Ritchin 2009, 16
[21]Lister 2013, 2
[22]Vgl. Kirn 2015
[23]Lister 2013, 2
[24]Turk 2014
[25]Ebd.
[26]Vgl.http://visitsteve.com/made/selfcontrol/
[27]Vgl.https://www.rescuetime.com/?v=1&utm_expid=53543802-23.vnkifC_rS3q1q4SaMcBS_g.1
[28]Caron – Caronia 2007, 157
[29]Lobo 2015
[30] Ebd.
[31]Wie zum Beispiel William Henry Fox Talbots Kalotypie The Haystack, aufgenommen (wahrscheinlich) 1841 auf seinem privaten Anwesen, Louis-Jacques-Mandé Daguerres Daguerreotypie Boulevard du Templevon 1838, welche eine Ansicht des Pariser Boulevards (wahrscheinlich) von Daguerres Wohnung auf der Rue des Marais 5 aus zeigt.
[32]Vgl. Starl 1995
[33]Vgl. Starl 1995, 189
[34]Ich beziehe mich hier auf den Begriff des Knipsens, wie er von Timm Starl definiert wurde, also als fotografische Praxis, die nicht vorrangig ästhetischen Ambitionen verfolgt, hauptsächlich der Konservierung von Erinnerungen dient und der Logik des biografischen Erzählens folgt (Vgl. Starl 1995).
[35]Starl 1995, 150
[36]Hand 2012, 151
[37]Wie die Ausstellung Secret Snapshots, die 2005 in der Wiener Galerie Westlicht. Schauplatz für Fotografiezu sehen war.
[38] Dass Fotografien auch in der dekontextualisierten Form noch eine bestimmte Aussagekraft haben, hängt mit ihrer spezifischen Zeitlichkeit zusammen, also dem Umstand, dass sie auf einen bestimmten Moment in der Vergangenheit verweisen und dabei beispielsweise Einblick in die gerade üblichen Moden geben oder einschneidende historische Ereignisse mitabbilden.
[39]Vgl. Facebook 2015
[40]Wie im bereits beschriebenen Fall von Amanda Todd, oder auch Justin Trudeau, der kanadische Premier Minister, der seine „social media history“ (Vgl. The Esquire 2015) immer wieder thematisieren musste.
[41]Darunter auch viele Stars wie z.B. Kim Kardashian, sowie Instagram-interne Berühmtheiten, wobei bei Letzteren die Spannbreite von den bestangezogensten Haustieren bis zu Kinder-Models reicht. User mit besonders vielen Followern haben dabei einen IT-Girl-ähnlichen ökonomische Wert und werden von Firmen mit gratis Bekleidung und Lifestyle-Produkten ausgestattet, um diese via Instagram der jeweiligen Zielgruppe näher zu bringen.
[42]Medium 2014
[43]Ebd., Herv. i. O.
[44]Um vor ungewollter Verbreitung der privat verschickten Inhalte zu schützen, gibt es mittlerweile auch die passende Software, welche den User zumindest darüber informieren soll, dass ein Screenshot gemacht wurde.
[45]Mander 2015
[46]Snapchat 2013
[47]Ebd.
[48]Ebd.
[49]Transsexualität ist spätestens seit dem Outing von Jenner zu einem vieldiskutierten Thema geworden und junge Kinostars wie Kristen Stewart weigern sich, ihre sexuelle Ausrichtung zu definieren (Vgl. Ruby 2015).
[50]Snapchat 2013
[51]Benjamin 2010, 252
[52]Spiegel 2015
[53]Spiegel 2014
[54]Snapchat 2014
[55]Spiegel 2014
[56]Ebd.
[57]Medium 2014
[58]Carr 2015
[59]Carr 2015
[60]Ibid.